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Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Als Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht sind wir immer auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung. In unserem Bereich "News" möchten wir Sie über die neuesten Entwicklungen im Arbeitsrecht informieren.

Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat das „Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in der digitalen Arbeitswelt“ (Betriebsrätemodernisierungsgesetz) am 28.05.2021 gebilligt. Das Gesetz hat u. a. das Ziel die Gründung von Betriebsräten zu fördern und tritt mit der Verkündung – womit noch in diesem Sommer zu rechnen ist – in Kraft.

Die maßgeblichen Neuerungen sind:

  • Das notwendige Lebensalter zur Wahlberechtigung bei Betriebsratswahlen wird auf das vollendete 16. Lebensjahr herabgesetzt.
  • Die Mindestzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer, die Wahlvorschläge unterzeichnen müssen, wird ebenfalls herabgesetzt.
  • Der Anwendungsbereich des vereinfachten Wahlverfahrens wird ausgeweitet.
  • Der Kündigungsschutz bei Gründung eines Betriebsrats wird gestärkt.
  • Es werden Erleichterungen bei der Wahl der Jugend- und Ausbildungsvertretungen eingeführt.
  • Das Anfechtungsrecht von Betriebsratswahlen wird eingeschränkt.
  • Es wird eine dauerhafte Regelung zur möglichen Durchführung von Betriebsratssitzungen übers Internet geschaffen, die den befristeten § 129 BetrVG ablöst. Präsenzsitzungen sollen aber weiterhin Vorrang haben.
  • Hierzu wird es auch eine Regelung in § 33 BetrVG geben, die Betriebsratsbeschlüsse mittels Video- und Telefonkonferenz ermöglicht, wenn die entsprechenden Betriebsratsmitglieder ihre Teilnahme in Textform bestätigen.
  • Betriebsvereinbarungen und Beschlüsse der Einigungsstelle werden künftig auch mittels (qualifizierter) elektronischer Signatur abgeschlossen werden können.
  • Für die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Künstliche Intelligenz entfällt gem.
    § 80 Abs. 3 BetrVG die Prüfung, ob die Hinzuziehung erforderlich ist.
  • Mit § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG wird eine neuer Mitbestimmungstatbestand zur mobilen Arbeit geschaffen.
  • Eine neue Regelung in § 79a BetrVG stellt zukünftig klar, dass der Arbeitgeber „Verantwortlicher“ im Sinne der DS-GVO ist und nicht der Betriebsrat.

Corona-Pandemie §129 BetrVG

Aufgrund der Corona-Pandemie wurde seitens des Gesetzgebers ja der neue § 129 BetrVG eingeführt, der zunächst befristet bis zum 31.12.2020 die Möglichkeit vorsah, Betriebsratssitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen und auch Betriebsversammlungen per Videokonferenz durchzuführen. Damit wurde die Pflicht zur Präsenzsitzung erstmals aufgehoben.

Nun hat der Gesetzgeber wie zu erwarten war diese Regelung verlängert und zwar bis zum 30.06.2021.

Wo ist das geregelt:

§ 129 BetrVG wurde durch Artikel 5 des Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung eingeführt. Artikel 6 dieses Gesetzes regelt, dass § 129 BetrVG wieder aufgehoben wird. Artikel 19 Abs. 6 regelt, dass Artikel 6 am 1. Januar 2021 in Kraft tritt, § 129 BetrVG also zu diesem Datum aufgehoben wird. Das Beschäftigungssicherungsgesetz hat nun in Artikel 4 das Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung verändert: Artikel 4 regelt, dass Abs. 6 ersetzt wird und in einem neuen Abs. 7 stehen soll: »(7) Die Artikel 6, 8, 10, 12 und 14 treten am 1. Juli 2021 in Kraft.« Damit sind also digitale Beschlussfassung noch bis 30. Juni 2021 24:00 Uhr möglich.

Die Regelung wurde inhaltlich ansonsten nicht verändert.

Mindestlohn einschließende arbeitsvertragliche Verfallklausel ist unwirksam

Eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den gesetzlich garantierten Mindestlohn erfasst, verstößt gegen das Transparenzgebot und ist daher unwirksam. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde, entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.09.2018 (9 AZR 162/18).

Der Kläger war beim Beklagten als Fußbodenleger beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 01.09.2015 ist geregelt, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Nachdem der Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, schlossen die Parteien im Kündigungsrechtsstreit einen Vergleich, dem zufolge das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15.08.2016 endete und in dem sich der Beklagte verpflichtete, das Arbeitsverhältnis bis zum 15.09.2016 ordnungsgemäß abzurechnen. Die vom Beklagten erstellte Abrechnung für August 2016 wies jedoch keine Urlaubsabgeltung aus. Der Beklagte berief sich darauf, der Anspruch auf Urlaubsabgeltung sei verfallen, weil der Kläger ihn nicht rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht habe. Während das Arbeitsgericht der Klage stattgab, wies das Landesarbeitsgericht sie auf die Berufung des Beklagten ab. Der Kläger legte Revision ein.

Das Bundesarbeitsgericht hat dem Kläger Recht gegeben. Dem Kläger stehe nach § 7 Abs. 4 BUrlG ein Anspruch auf die Abgeltung von 19 Urlaubstagen zu. Er habe den Anspruch nicht innerhalb der vertraglichen Ausschlussfrist geltend machen müssen. Die betreffende Ausschlussklausel verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den ab dem 01.01.2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnehme und insofern nicht klar und verständlich sei. Die Klausel könne deshalb auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden (§ 306 BGB). § 3 Satz 1 MiLoG schränke weder seinem Wortlaut noch seinem Sinn und Zweck nach die Anwendung der §§ 306, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ein.

(vgl. Pressemitteilung zu BAG, Urteil vom 18.9.2018 – 9 AZR 162/18)

3-Jahres-Frist bei sachgrundloser Befristung verfassungswidrig


Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr die Frage entschieden, ob eine sachgrundlose Befristung dann nicht gegen das in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG verankerte Vorbeschäftigungsverbot verstößt, wenn zwischen Neueinstellung und vorheriger Beschäftigung ein Zeitraum von drei Jahren liegt.

Die Arbeitnehmerin, die Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte, war von ihren jeweiligen Arbeitgebern befristet ohne Vorliegen eines Sachgrundes eingestellt worden, obwohl sie einige Jahre vorher dort schon einmal im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt war. Ihre Klage wurde von den Instanzgerichten abgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr klargestellt, dass in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG eine gesetzgeberische Grundentscheidung zum Ausdruck komme, wonach sachgrundlose Befristungen zwischen denselben Vertragsparteien grundsätzlich nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig sein sollen. Zugleich habe sich der Gesetzgeber damit gegen eine zeitliche Begrenzung des Verbots entschieden. Dies ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte der Norm.

Laut Bundesverfassungsgericht können aber auch Ausnahmen bestehen, etwa wenn die Vorbeschäftigung entweder sehr lange zurückliege, gänzlich anders geartet oder nur von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Denkbar sind hier bspw. Nebenbeschäftigungen während der Schul- oder Studienzeit, Werkstudententätigkeiten oder andere lange zurückliegende Beschäftigungen.

(vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.06.2018 - 1 BvL 7/14)

Arbeitgeber darf Arbeitnehmer nicht anlasslos mittels Keylogger Software überwachen

Der Einsatz eines sog. Keyloggers, eine Software, die alle Tastatureingaben protokolliert und regelmäßig Screenshots fertigt, ist nach § 32 Abs. 1 BDSG unzulässig, wenn kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht. Die durch einen unzulässigen Keylogger-Einsatz gewonnenen Erkenntnisse sind laut BAG im gerichtlichen Verfahren nicht verwertbar.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 2011 als "Web-Entwickler" beschäftigt. Die Beklagte teilte ihren Mitarbeitern im April 2015 mit, dass die Nutzung ihrer Systeme und insbesondere die Nutzung des Internets "mitgeloggt" werde. Auch auf dem PC des Klägers wurde die entsprechende Software installiert.

Die Beklagte, die nach dem vom Keylogger erfassten Datenmaterial davon ausgehen konnte, der Kläger habe in erheblichem Umfang Privattätigkeiten am Arbeitsplatz erledigt, kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Die Kündigungsschutzklage war in allen Instanzen erfolgreich. Die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Klägers durften im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden. Entscheidendes Argument: Der Einsatz des Keyloggers verletzt das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 1 Abs. 1 GG). Denn die Beklagte hat beim Einsatz der Software gegenüber dem Kläger keinen auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung gehabt. Die von ihr "ins Blaue hinein" veranlasste Maßnahme ist daher unverhältnismäßig gewesen.

Zwar hatte der Kläger selbst eingeräumt, den Dienst-PC für private Zwecke genutzt zu haben. Dies rechtfertig die Kündigungen mangels vorheriger Abmahnung jedoch nicht.

(BAG , Urteil vom 27.07.2017 - 2 AZR 681/16)